09.05.2019 | Die Tarifmauer ist die letzte Mauer, die zwischen West und Ost noch steht. Sie muss endlich verschwinden, 35 Wochenstunden für alle sind genug. Mit vielfältigen Aktionen setzen die Berliner Kolleginnen und Kollegen Zeichen gegen das krampfhafte Festhalten der Arbeitgeber an ihrer Mauer.
„Die Mauer kennen viele vielleicht noch aus den Geschichtsbüchern. Das sollte mit der Tarifmauer quer durch Berlin nicht anders sein!“, fordert Frank Kasischke, Mitglied im Gesamtbetriebsrat bei Siemens Mobility in Treptow. Die Mauer verlief bis 1989 keinen Steinwurf vom Siemens-Standort entfernt und weil ihr Unternehmen im Osten, im Tarifgebiet II liegt, steht die (Tarif-)Mauer noch immer an Ort und Stelle.
Drei Wochenstunden mehr. In 30 Jahren kommen da rund 4.000 Arbeitsstunden pro Beschäftigten zusammen, fast 1,4 Arbeitsjahre. Für die Arbeitgeber rentiert sich die Mauer, für die Beschäftigten nicht. „Wir hätten schon gerne eine Arbeitszeit, die zum Leben passt. Zeit ist kostbar, gerade wenn man sich um Kinder oder Enkelkinder kümmern möchte. Diese lässt sich mit Geld gar nicht aufwiegen“, sagt Jens Brückner, Betriebsratsvorsitzender von Heidenhain der MicroPrint GmbH.
An 7.5. ist er der Einladung von Birgit Dietze ins IG Metallhaus gefolgt, um mit Vertrauensleuten und Bezirksratsmitgliedern aus Betrieben im Tarifgebiet Ost zu diskutieren (siehe Bildergalerie). Maik Schneider von Thales weiß, das Thema brennt den Beschäftigten auf den Nägeln. „Sie verstehen den historischen Kontext, fordern aber, dass die Tarifmauer endlich fällt“, sagt er.
Für die Forderung nach Angleichung auf 35 Wochenstunden haben sie im Rahmen der Veranstaltung ein Foto gemacht. Mit einem gemeinsamen Foto senden auch die Beschäftigten von Daimler Vertrieb Mercedesplatz Berlin ein Zeichen.
35er-Kekse sind besonders lecker
Bei GE Power haben sich Angestellte und Beschäftigte aus der Fertigung während der Tagschicht im Karussell verabredet. „Wir stehen vollkommen hinter der Forderung. Mit unserer Aktion wollen wir unseren Unwillen gegenüber der Hinhaltetaktik der Arbeitgeber kundtun“, sagt Uwe Löschke, Stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei GE Power im Pankowpark. Die Nachtschicht wird noch nachziehen.
Bei Siemens Mobility standen Aktivistinnen und Aktivisten erst in der Küche, um Aktionskekse zu backen. Vor der Kantine verteilten sie diese Kekse und schossen dabei noch einige Fotos für die Aktion. Ohnehin sind die Kolleginnen und Kollegen bei Mobility ganz weit vorn in der Aktionswoche. Sie haben eine Speisekarte vorbereitet, mit täglichen Gerichten bzw. Aktionen, die den Arbeitgebern darin erinnern sollen, dass sie die Tarifmauer endlich einreißen. Übrigens: Am Freitag gibt es Würstchen zum zweiten Frühstück.