Neu im Team

Jan Brauburger setzt sich im Digitalteam für mehr Mitbestimmung ein

25.06.2024 | Seit Februar 2024 arbeitet Jan Brauburger im Team der IG Metall Berlin. Gemeinsam mit vier Kolleginnen und Kollegen unterstützt er Beschäftigte in der Digitalwirtschaft bei der Gründung von Betriebsräten und auf dem Weg in die Tarifbindung. Im Interview erfahrt Ihr mehr.

Jan Brauburger in Aktion - Fotos: IG Metall

Jan, Du bist seit Februar im Digitalteam der IG Metall Berlin. Was ist das Digitalteam?

Das Digitalteam ist ein Projektteam zur Erschließung der Betriebe in der Berliner Digitalwirtschaft. Die IG Metall Berlin wurde vom Vorstand der IG Metall damit beauftragt, in Betrieben der Berliner Digitalwirtschaft Betriebsräte zu gründen und die Tarifbindung voranzutreiben, um auch hier die Arbeitsbedingungen für die Kolleginnen und Kollegen deutlich zu verbessern. Schon heute arbeiten vier Kolleginnen und Kollegen im Team. Sabrina Lamers, Sandra Rullich und Christian Meyer. Mit Sören Lieske sind wir ab Juli komplett und starten richtig durch.

Wie kommt es, dass Du Dich besonders für die Digitalwirtschaft interessierst?

Die Digitalwirtschaft hat mich schon in meinen beiden vorherigen Jobs begleitet. Drei Jahre lang habe ich im Dachverband der Industriegewerkschaften in Europa IndustriAll Europe in Brüssel zu aktuellen Gesetzesvorhaben bei der EU-Kommission gearbeitet, unter anderem zur KI-Verordnung und dem Digital Markets Act. Wir haben mit europäischen Betriebsräten nach Lösungen gesucht, wie die Gesetzesvorhaben die Arbeitswirklichkeit gut regeln und wie Mitbestimmung auch in einer von Künstlicher Intelligenz geprägten Arbeitswelt weiter die gute Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in den Mittelpunkt stellen kann. Da ich auch das Branchennetzwerk für die Informations- und Kommunikationstechnologiebranche koordiniert habe, saß ich da an der industriepolitischen Schnittstelle. Das war sehr hilfreich.

Im Anschluss habe ich im IG Metall Vorstand im Ressort Strategische Erschließung gearbeitet. Mein Schwerpunkt dort waren Betriebe, die noch keine oder kaum gewerkschaftliche Strukturen haben, und das beteiligungsorientierte Arbeiten an guten Tarifverträgen.

Dann wird Deine Arbeit im Digitalteam jetzt noch konkreter, oder?

In meiner Arbeitswelt habe ich in den letzten Jahren immer die Beschäftigteninteressen mitgedacht. Ein gutes Beispiel ist das Gesetz zur Künstlichen Intelligenz. Wie steht es mit der Haftung für die Softwareingenieure, die den Algorithmus entwickeln? Könnten sie im schlimmsten Falle haftbar gemacht werden, wenn die KI Fehler begeht? Die Software entwickelt sich ja rasend schnell weiter. Wie können wir also die Kolleginnen und Kollegen schützen, die diese Software programmieren? Das wissen die Kolleginnen und Kollegen natürlich selbst am besten. Diese Expertise zu nutzen, mit den Kolleginnen und Kollegen ins Gespräch zu kommen um eine ganz konkrete Verbesserung ihrer Arbeitsrealität mitzugestalten, das hat mich schon immer fasziniert.

Wie war Dein Start in Berlin?

In Berlin lebe ich schon seit 12 Jahren, auch wenn ich zeitweise auch in Brüssel und Frankfurt war. Also musste ich mich nicht umgewöhnen. Ich freue mich sehr, jetzt im Team der IG Metall Berlin zu arbeiten. Berlin ist der Hot-Spot der Digitalwirtschaft. Derzeit reden wir von 145.000 Beschäftigten, die wir allein in Berlin ansprechen können. Wenn die Prognosen eintreffen, sind es in zehn Jahren um die 300.000 Arbeitsplätze in dieser Branche. Mir ist es ein sehr großes Anliegen, gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen für gute Arbeitsbedingungen in der Digitalwirtschaft zu sorgen.

Wie steht es denn um die Arbeitsbedingungen in Betrieben der Digitalwirtschaft?

Wir erleben in zahlreichen Betrieben einen sehr großen ausbeuterischen Aspekt in dieser Branche. Die Branche ist sehr mobil. Es kommen Leute aus vielen Ländern zusammen, zum Teil aus Ländern, die ein sehr viel niedrigeres Lohnniveau haben. Die Leute haben Erfahrungen mit ganz anderen Mitbestimmungsstrukturen und Gewerkschaftstraditionen. In manchen Ländern werden Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter verfolgt, wenn sie aktiv werden. Das sind Prägungen, die Kolleginnen und Kollegen mitbringen. Mir ist es wichtig, dass wir gemeinsam daran arbeiten, dass sich die Kultur in der Branche wandelt.

Ihr seid also schon mittendrin in Eurem Projekt?

Wir haben von Anfang an konkret mit unserer Erschließungsarbeit begonnen. Und in Betrieben wie beispielsweise CARIAD gibt es ja schon sehr gut etablierte Strukturen und Tarifverträge. Der Tarifvertrag bei CARIAD zur Beschäftigungssicherung hat Anfang dieses Jahres gezeigt, dass wir in der Branche auf jeden Fall kampfstark sind und mit den Kolleginnen und Kollegen gemeinsam etwas auf die Beine stellen. Wir bauen hier auf bestehende Strukturen auf. Spannend ist es, jetzt gemeinsam mit einem Team von fünf Leuten auf viele Betriebe in der Digitalwirtschaft zuzugehen und zu sagen: „Wir nehmen hier beträchtliche Ressourcen in die Hand und unterstützen Euch auf dem Weg zu mehr Mitbestimmung und zu guten Tarifverträgen! Klar ist aber auch das wird kein Selbstläufer werden. Die Kolleginnen und Kollegen müssen das wollen und sie müssen sich organisieren. Denn die Gewerkschaft ist immer nur so stark wie sie auch im Betrieb repräsentiert ist. Wir machen hier keine Stellvertreterpolitik, sondern ein Angebot: Wenn Du ganz konkret etwas an Deinen Beschäftigungsbedingungen verbessern willst, wenn Du gute Regelungen für Mobiles Arbeiten und Sabbaticals willst, wenn Du Entgelttransparenz, verlässliche Entgeltsteigerungen und Wertschätzung für deine Arbeit willst, dann bist Du bei uns richtig, dann tritt in die IG Metall ein und kämpfe für einen Tarifvertrag, der so gut ist wie die Arbeit, die Du jeden Tag leistest.“

Wie würdest Du Dich selbst beschreiben?

Ich bin ein überzeugter Gewerkschafter und bin schon seit vielen Jahren politisch aktiv. Es war mir schon immer ein Anliegen, mich gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen für eine Verbesserung der Arbeitswelt einzusetzen. Ich habe Geschichte und Islamwissenschaft studiert. Schon während des Studiums habe ich Kontakte zu Gewerkschaften im Nahen Osten (Ägypten, Libanon, Israel) gehabt und Feldforschung gemacht. Schon früh habe ich Strukturen mitaufgebaut und die kulturellen Besonderheiten erlebt. In meiner Familie sind alle gewerkschaftlich organisiert, angefangen mit meinem Ur-Opa. So bin ich großgeworden. Das macht mein politisches Selbstverständnis aus. Ich mag Menschen, gehe gerne auf sie zu und ich stelle gerne mit ihnen gemeinsam etwas auf die Beine.

Was baut Dich auf? Wo tankst Du Energie?

Mit meinem Kind tanke ich Energie. Mein eineinhalbjähriger Sohn ist voller Lebensfreude und immer gut gelaunt. Das gibt mir immer Kraft, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Von: Andrea Weingart

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